Die Person Max Planck und ein zweifelhaftes Zitat

- Essay -

6. Januar 2025

Seit vielen Jahren wird eine Archivquelle zweifelhaften Ursprungs über Blogs und Internetforen geteilt. Der folgende Beitrag soll zu einer angeblichen Rede von Max Planck so gut wie möglich für Aufklärung sorgen.

Das spirituell-philosophische Zitat, angeblich aus einer Rede Max Plancks, ist verdächtig reißerisch und modern ausgedrückt „Clickbait“ – wie das konstruierte Symbolbild weiter unten in diesem Beitrag. Demnach soll Planck gesagt haben:

„Es gibt keine Materie an sich. Alle Materie entsteht und besteht nur durch eine Kraft, welche die Atomteilchen in Schwingung bringt und sie zum winzigsten Sonnensystem des Alls zusammenhält. Da es im ganzen Weltall aber weder eine intelligente Kraft noch eine ewige Kraft gibt […] – so müssen wir hinter dieser Kraft einen bewußten, intelligenten Geist annehmen“

Das Zitat wird in der „Planck-Sammlung“ des Archivs unter der Signatur AMPG, Va. Abt., Rep. 11, Nr. 1797 als Teil eines einzelnen undatierten, unsignierten Schreibmaschinendokuments verwahrt. Kurioserweise gehört dieses Dokument zu den am häufigsten angefragten Einzelsignaturen des Archivs. Inhaltlich handelt es sich hierbei vermeintlich um eine Abschrift einer Rede Max-Plancks auf einem Kongress in Florenz in den 1940er Jahren. Fakt ist aber: Eine der meist gefragten Quellen des Archivs der MPG ist leider eine, der es an Authentizität fehlt. Sie stammt ursprünglich aus dem Nachlass von Katharina Horsch, die während ihres Berufs als Telefonistin im Otto-Wolff-Konzern den Planck-Sohn Erwin kennen lernte. Das Dokument wurde als Teil ihres Nachlasses 1992 in die Planck-Sammlung aufgenommen, und auch damals war die Autorenschaft unklar.

Aufgrund der hohen Nachfrage recherchierten Mitarbeiter innerhalb der MPG-Bestände: Weder kann der Aufenthalt in Florenz während des Kriegs nachgewiesen werden, noch existiert ein Hinweis zu einer entsprechenden Rede. Bereits 1972 wurde der damalige Vizepräsident der MPG Werner Heisenberg nach der Authentizität dieses Zitats in einem Brief gefragt, der auch in seinem Nachlass überliefert ist. Heisenberg äußerte ebenfalls Zweifel an der Echtheit und erklärte, dass Planck sich viel präziser auszudrücken pflegte. Er empfahl, das Zitat nicht weiter zu verwenden und sich an verlässliche Quellen zu halten. Diese Empfehlung gibt das Archiv auch an alle Interessentinnen und Interessenten weiter, die das Zitat verwenden möchten oder ein Digitalisat des Dokuments verlangen.

Trotz zahlreich belegbarer Zitate Plancks zur Religion, zieht die plakative Natur der fragwürdigen Quelle Interessierte geradezu magisch an. Dazu zählen Betreiber esoterischer Blogs und pseudowissenschaftliche Hobbyautoren. Zumeist wird das Zitat unkritisch online als Beispiel eines vermeintlich wissenschaftlich gestützten Gottesglaubens eingesetzt. Quellenkritik scheint überflüssig, wenn diese dem eigenen Narrativ im Wege steht. Die Verbreitung des Zitats begann 1964 damit, dass Christoph Einiger das Zitat ohne Quellenangabe in der Textsammlung „Die schönsten Gebete der Welt“ veröffentlichte.

Neue Popularität erlangte das Falschzitat 2019 durch den französischen Philosophen Jean-Marc Ferry, der den Text in der Radiosendung „La Conversation Scientifique“ des Senders „France Culture“ unkritisch verwendete. Seither erreichen das Archiv etwa vier Mal im Jahr Anfragen zu der angeblichen Rede Plancks. Das Zitat wird in kirchlichen Blogs, buddhistischen Foren, technisch veralteten Websites, von esoterischen Multi-Spiritualisten, in YouTube-Videos und in verschiedenen Kalenderspruchsammlungen aufgegriffen. Je nach Geschmack wird es dabei z. T. abgewandelt oder ergänzt, jedoch häufig mit der korrekten Archivsignatur der hiesigen Planck-Sammlung versehen. Auch an Übersetzungen unterschiedlichster Qualität fehlt es nicht. Ernsthaftes Hinterfragen in Hinblick auf die Authentizität der Quelle findet sich in den Diskussionsseiten von Wikipedia.

Denjenigen, die authentische Planck-Zitate zu den Themen Glauben, Religion und Naturwissenschaften suchen, sei daher die hauseigene Veröffentlichung des Archivs „Max Planck und die Max-Planck-Gesellschaft“ mit rund 100 belegten Zitaten wärmstens ans Herzen gelegt.

Hier ► Download des Archivales (Va. Abt., Rep. 11, Nr. 1797)

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