Nachlass von Georg Melchers (1906-1997) erschlossen (AMPG, III. Abt., Rep. 75)
Rund 30 Jahre war der Biologe Georg Melchers, Erforscher des Tabakmosaikvirus und Erfinder der Tomoffel, am Kaiser-Wilhelm- und Max-Planck-Institut für Biologie tätig. Nun ist sein Nachlass im Archiv der MPG erschlossen worden und für die Forschung zugänglich.
Nach seinem Studium der Zoologie und Botanik in Freiburg und Göttingen bei Hans Spemann und Fritz von Wettstein promovierte Georg Melchers 1930 bei von Wettstein und arbeitete in Göttingen und München als dessen Assistent. Nach seiner Zeit als wissenschaftlicher Assistent am Kaiser-Wilhelm-Institut für Biochemie und Biologie in Berlin-Dahlem, wurde er dort bald Abteilungsleiter, bevor das Institut 1944 kriegsbedingt nach Tübingen verlagert wurde. Im Oktober 1946 zum wissenschaftlichen Mitglied des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Biologie ernannt, erfolgte am 24. Oktober 1946 die Berufung zum Direktor am Kaiser-Wilhelm-Institut für Biologie in Tübingen; Wissenschaftliches Mitglied des neu benannten Max-Planck-Instituts für Biologie wurde er 1949. Nach seiner Emeritierung 1976 setzte Melchers seine wissenschaftliche Tätigkeit fort und war ab 1984 einer der fünf Direktoren der Agrogenetic Corporation in Tokio.
Schon früh erkannte Melchers die Bedeutung der Kultur von Pflanzenzellen für die Grundlagenforschung und die Anwendung im Bereich der Züchtung. Bekannt wurde er insbesondere durch seine Arbeit mit dem Tabakmosaikvirus und der Erforschung von Tumorwachstum an dieser Modellpflanze.
In Zusammenarbeit mit Itaru Takebe und Toshiyuki Nagata gelang ihm die Isolierung, Fusion und Kultur von Protoplasten bei der Tabakpflanze. Der Erfolg dieser Arbeit mündete in die Herstellung von Arthybriden der Tomate und der Kartoffel, den sogenannten Tomoffeln und Karmaten.
Als Mitglied in mehreren Kuratorien war ihm sehr an dem wissenschaftlichen Austausch und die Erforschung der Kulturpflanzenvermehrung gelegen, da die Problematik der Ernährung des Menschen auf Grund der fortschreitenden Globalisierung für ihn offensichtlich war.
Mit dem Agrarwissenschaftler, Genetiker und Züchtungsforscher Hans Stubbe (1902-1989) verband ihn eine lebenslange Freundschaft, welche sich in zahlreichen Briefwechseln widerspiegelt. Melchers lag viel an der Zusammenarbeit mit dem Züchtungsforscher Joseph Straub (1911-1987) in Gatersleben und mit anderen Wissenschaftlern in kommunistisch regierten Ländern, um neuartige Informationen und Technologien auszutauschen.
Nahezu sein ganzes Leben lang war Melchers politisch engagiert, im Gemeinderat Tübingen, im SPD-Ortsverein Tübingen sowie durch zahlreiche offene Briefe, welche die Bildungspolitik in Deutschland thematisierten.
In Kooperation mit dem Springer-Verlag war er Mitherausgeber der Fachzeitschriften Zeitschrift für Vererbungslehre und Molecular and General Genetics.
Umfang: Der Bestand umfasst 9 lfm mit 152 Signaturen; die Gesamtlaufzeit reicht von 1932 bis 1993.
Literatur: Georg Melchers, Ein Botaniker auf dem Weg in die Allgemeine Biologie auch in Zeiten moralischer und materieller Zerstörung, in: Berichte Deutsche Botanische Gesellschaft 100 (1987), S. 373-405; Hans Stubbe, Georg Melchers - 70 years, in: Molecular and general genetics 143 (1975), S. 1–3
Verwandte Bestände: I. Abt., Rep. 8, KWI für Biologie; II. Abt., Rep. 28, MPI für Biologie; III. Abt., Rep. 5, Nachlass Alfred Kühn; III. Abt., Rep. 13, Nachlass Fritz von Wettstein; III. Abt., Rep. 17, Nachlass Carl Erich Correns; III. Abt., Rep. 26, Nachlass Erwin Baur; III. Abt., Rep. 46, Nachlass Reinhold von Sengbusch; III. Abt., Rep. 47, Nachlass Max Hartmann